Evidenzpyramide

Die Evidenzpyramide kurz erklärt.

Was ist die Evidenzpyramide und welche Aussagekraft haben Studien?

Wie oft hört man in Vorträgen – vor allem in den Nachrichten:

„Eine wissenschaftliche Studie hat gezeigt..“?

Mit dieser Aussage wird häufig ein gewisser (verallgemeinernder) Zustand beschrieben oder ein gewisses Handeln begründet.

Für die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Sportpraxis ist es aber notwendig zu wissen wie hoch die Aussagekraft unterschiedlicher Studien ist.

Bei einer sogenannten RCT-Studie (randomisiert-kontrollierte Studie, engl. „randomized-controlled study“) – häufig als „Goldstandard“ für wissenschaftliche Studien betrachtet –  können z.B. die Anzahl der Versuchspersonen, die Auswahl der Diagnostik, die statistische Analysen etc. die Aussagekraft der Studie erheblich relativieren. Auch gibt es eine Fülle anderer Typen von Studien (Einzelfallanalyse, Kohortenstudie, Metaanalysen etc.), die unterschiedliche Ziele haben aber vor allem in ihrer Aussagekraft und damit in ihrer „Sicherheit“ sich unterscheiden. Die „Sicherheit“ meint hier vor allem, wie sicher kann man sich sein kann, dass das Ergebnis nicht zufällig zustande gekommen ist.

Schon seit längerem gibt es in der Medizin eine sogenannte Evidenzpyramide (s. Abbildung), die zeigen soll, dass es Erkenntnisse aus Studien mit geringer Aussagekraft gibt, die z.B. auf Einzelfallstudien oder persönliche Erfahrung beruhen [1, 2]. Auch Podcasts mit Experten wie bei www.sportsandscience.de würden anhand der  Evidenzpyramide mit niedriger Evidenz eingestuft. Höhere Evidenz haben Studien mit entsprechender methodischer Qualität (RCTs, Kohortenstudien). Bei der höchsten Evidenzstufe werden mehrere ähnliche Studien systematisch gefiltert und statistisch ausgewertet. Diese Studien heißen dann „systematic reviews“ (systematische Übersichtsarbeiten) oder Meta-Analysen.

Abbildung 1: Evidenzpyramide

Zum Beispiel für die Entscheidung „Welches Training wende ich zum Muskelaufbau am sinnvollsten an?“ ist es sinnvoll auf die Ergebnisse von Meta-Analysen zu schauen, da diese Analysen die Erkenntnisse vieler Einzelstudien zusammenfassen. Somit ergibt sich ein umfassenderes Bild ob bestimmte Trainingsmaßnahmen erfolgsversprechend sind oder ob die Datenlage eher heterogen (uneinheitlich) ist und damit keine verallgemeinernde Aussage getätigt werden kann. Der Nachteil von Metaanalysen ist, dass sie mittlere Effekte z.B. zwischen zwei Trainingsmethoden vergleichen (also einen groben Überblick geben) aber im Einzelfall, dass Training für eine Person nicht zwingend erfolgsversprechend sein muss. In diesem Fall lohnt sich der Blick in gut angelegte RCTs. Anhand der Standardabweichung in den RCT-Trainingsstudien ist recht schnell erkennbar, ob die Daten „streuen“, also ob z.B. Blutwerte von Einzelpersonen durch eine Maßnahme/Intervention (z.B. Höhentraining) innerhalb einer Untersuchungsgruppe variieren.

Letztlich bilden wissenschaftliche Studien nur einen Teil der „Wahrheit“ ab, egal wie gut die Qualität der Studie ist. Je meh2r Evidenz es zu einem Forschungsthema gibt, desto übersichtlicher wird das Gesamtbild – somit kommen wir zu Erkenntnissen mit entsprechender Aussagekraft.

Prinzipiell ist es so, dass über die einfachen Studien und RCTs erst mit der Zeit sogenannte Metaanalysen entwickelt werden können. Da die Sportwissenschaft im Vergleich zur medizinischen Forschung recht jung ist kommen erst in den letzten 10-15 Jahren vermehrt metaanalytische Erkenntnisse (s. Abbildung 2) langsam in der Praxis an.

Abbildung 2: Anzahl der Metaanalysen pro Jahr in der Medizin und in der Sportwissenschaft

Aus diesem Grund haben wir uns bei www.sportsandscience.de entschieden sämtliche unserer Beiträge mit einer Evidenzpyramide zu versehen. Somit kann der User recht schnell erkennen, ob die Aussage in dem Beitrag eine eher niedrige, mittlere oder höhere Aussagekraft hat.

Literatur

  1. Murad, M.H., et al., New evidence pyramid. Evid Based Med, 2016. 21(4): http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27339128
  2. Burns, P.B., R.J. Rohrich, and K.C. Chung, The levels of evidence and their role in evidence-based medicine. Plast Reconstr Surg, 2011. 128(1): http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21701348