5 Basics über Menstruationszyklus, Trainingsplanung & körperliche Leistungsfähigkeit

Autor:

Christoph Zinner

Evidenzpyramide:

Die Hälfte der Sportlerinnen erlebt Leistungsschwankungen im Verlauf ihres Zyklus

In diesem Blogbeitrag geht es um die Auswirkungen hormoneller Schwankungen während des Menstruationszyklus auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen. Eine aktuelle Befragung (Zinner, Aschendorf, & Klatt) zeigt, dass etwa die Hälfte der Frauen während ihres Zyklus Leistungsschwankungen erlebt. Diese regelmäßigen Schwankungen können die Leistungsentwicklung negativ beeinflussen.

Obwohl dieses Thema von großer praktischer Bedeutung ist, gibt es bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Interventionsstudien dazu. Ein Grund hierfür ist, dass die meisten sportwissenschaftlichen Studien bisher mit männlichen Versuchspersonen durchgeführt wurden. Dies hat zur Entstehung von generalisierten Trainingsmodellen auf der Grundlage der männlichen Biologie geführt, die nicht ohne weiteres auf Frauen übertragen werden sollten.

Es kann sinnvoll sein, den Trainingsprozess an die verschiedenen Phasen des Menstruationszyklus anzupassen. Dabei sollten Sportlerinnen die üblichen hormonellen Schwankungen ihres Körpers berücksichtigen und ihre Trainingsintensität und -methoden entsprechend anpassen, um individuelle Anpassung zu stimulieren und Beschwerden zu minimieren.

Es ist wichtig, dass Sportlerinnen sich bewusst sind, wie sich ihr Körper während ihres Zyklus verändert und welche Auswirkungen dies auf ihre Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden haben kann. Eine Möglichkeit ist es das Training entsprechend dem Zyklus anzupassen um Anpassungsreaktionen zu fördern und gleichzeitig Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern.

 

Der Einfluss des Menstruationszyklus auf die sportliche Leistung hängt vom individuellen Hormonhaushalt ab.

Der Menstruationszyklus kann in zwei Hauptphasen unterteilt werden: Nach der Menstruation beginnt die follikuläre Phase (Phase in in dem ein Eibläschen (Follikel) in den Eierstöcken heranreift), die etwa die erste Hälfte des Zyklus ausmacht und mit der Ovulation (der Prozess, bei dem ein reifes Ei aus den Eierstöcken einer Frau freigesetzt wird) endet. Die Lutealphase (Phase bei dem sich der Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet, indem er den Follikel, aus dem das Ei freigesetzt wurde, in einen Gelbkörper umwandelt) definiert die zweite Hälfte des Zyklus. Während dieser Phasen treten im weiblichen Körper Schwankungen der Sexualhormone auf (Reilly, 2000), die mehr oder weniger gut vorhersagbar sind. In der Lutealphase können insbesondere Müdigkeit und Energiemangel auftreten.

 

Verlauf der Hormonkonzentrationen in einem idealisierten 28-Tage Zyklus. Dabei lassen sich drei Phasen mit unterschiedlicher Hormonsituationen unterschieden: i) wenig Östrogen und Progesteron (Beginn der Follikulären Phase), ii) erhöhter Östrogenspiegel und wenig Progesteron (Ende der Follikulären Phase), iii) erhöhte Konzentration Östrogen und Progesteron (in der lutealen Phase).

 

Zu den wichtigsten Hormonen, die im Menstruationszyklus eine Rolle spielen, gehören Östrogen und Progesteron. Diese Hormone beeinflussen nicht nur die Fortpflanzung, sondern auch viele andere physiologische Systeme wodurch sie auch die akute und chronische Trainingsanpassung beeinflussen.

Frauen im Sport sollten sich bewusst sein, dass ihr Menstruationszyklus Auswirkungen auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit haben kann. Während der follikulären Phase mit erhöhtem Östrogenspiegel, können Frauen möglicherweise eine verbesserte aerobe Leistung und eine bessere Fettverbrennung erleben. Während der Lutealphase mit höherer Progesteronkonzentration und leicht gesteigerter Körperkerntemperatur kann die Leistungsfähigkeit negativ beeinflusst sein.

Fokussierung auf das Krafttraining in der follikulären Phase

Unterschiedliche Formen der Kraft werden bei Frauen und Männern auf unterschiedliche Weise ausgeprägt. Im schnitt zeigen Frauen eine höhere muskuläre Ermüdungsresistenz bei geringeren Intensitäten, während Männer durchschnittlich eine höhere Maximalkraft aufweisen (Hicks, Kent-Braun, & Ditor, 2001; Sperlich, Calbet, Boushel, & Holmberg, 2016). Bei Frauen kommen Kraftzuwächse eher über eine Steigerung der neuronalen Kapazität zustande als durch Hypertrophieeffekte (Folland & Williams, 2007; Ivey et al., 2000).

Grundsätzlich scheinen Krafttrainingsprotokolle zur Steigerung verschiedener Kraftqualitäten (Maximalkraft, Schnellkraft, Kraftausdauer etc.) für Frauen und Männer ähnlich zu sein(Abe, DeHoyos, Pollock, & Garzarella, 2000; Gentil et al., 2016). Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass es Optimierungsmöglichkeiten im weiblichen Trainingsprozess geben kann. Eine Fokussierung auf das Krafttraining in der follikulären Phase des Menstruationszyklus scheint für einige Frauen sinnvoll zu sein (Sung et al., 2014; Wikstrom-Frisen, Boraxbekk, & Henriksson-Larsen, 2017). Hier können sie möglicherweise ihre Leistung verbessern und Beschwerden minimieren.

Allerdings zeigen Studien im Durchschnitt widersprüchliche Ergebnisse zu diesem Thema. Es gibt also keinen klaren Konsens darüber, ob Frauen und Männer im Krafttraining unterschiedlich trainieren sollten oder ob es sinnvoll ist, das Training an den Menstruationszyklus anzupassen. Es ist wichtig, dass Frauen und Männer auf ihre individuellen Bedürfnisse und Signale achten und ihr Training entsprechend anpassen.

Ausdauerleistung scheint in der späten follikulären Phase gesteigert

Der Einfluss des Menstruationszyklus auf die Ausdauerleistung von Frauen ist ein komplexes Thema. Es gibt viele Faktoren, die die Leistung im Laufe des Zyklus beeinflussen können. Unterschiede in der Wärmeregulation, der Substratverwertung und dem Metabolismus können dazu führen, dass Frauen in verschiedenen Zyklusphasen unterschiedlich leistungsfähig sind.

Bisher sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema uneinheitlich. Einige Studien haben gezeigt, dass die Ausdauerleistung in der späten follikulären Phase gesteigert ist, während die maximale Sauerstoffaufnahme in der mittleren lutealen Phase reduziert ist (Julian, Hecksteden, Fullagar, & Meyer, 2017; Lebrun, McKenzie, Prior, & Taunton, 1995). Submaximaler Ausdauerleistung scheint in der mittleren lutealen Phase erhöht (Jurkowski, Jones, Toews, & Sutton, 1981).

Hormonelle Veränderungen im Zyklus führen zu einer Erhöhung der Körperkerntemperatur in der lutealen Phase, was die Thermoregulation und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Ein individuelles Monitoring der Reaktionen auf bestimmte Belastungen in unterschiedlichen Zyklusphasen kann helfen, die optimale Leistungsfähigkeit zu erreichen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen des Menstruationszyklus auf die Ausdauerleistung von Frau zu Frau unterschiedlich ist. Einige Frauen berichten von keinen Auswirkungen, während andere erhebliche Schwankungen erleben. Es ist wichtig, eigene Körpersignale zu beobachten und gegebenenfalls das Training an den Zyklus anzupassen.

In der follikulären Phase werden bevorzugt Kohlenhydrate in der lutealen Phase mehr Fett verstoffwechselt.

Die verschiedenen Stoffwechselprozesse während des Menstruationszyklus haben Auswirkungen auf die Sportleistung. In der follikulären Phase wird vermehrt Kohlenhydrat verstoffwechselt, was die Leistung bei kurzen, intensiven Belastungen erhöhen kann (Campbell, Angus, & Febbraio, 2001). In der lutealen Phase hingegen ist der Fettstoffwechsel erhöht und Frauen verbrennen bei submaximalen Belastungen anteilig mehr Fett als Männer (Bunt, 1990). Daher wird in dieser Phase eine erhöhte Kohlenhydrataufnahme empfohlen. Wichtig ist es, auf individuelle Reaktionen zu achten und gegebenenfalls das Training oder die Ernährung an die verschiedenen Phasen des Menstruationszyklus anzupassen. So können Frauen ihre Leistung maximieren und Beschwerden minimieren.

Fazit

Zwar hat die Anzahl der Studien mit reinen weiblichen Versuchsgruppen in den letzten Jahren zugenommen, jedoch gibt es noch keine klaren Handlungsempfehlungen. Eindeutige Aussagen zur Trainingsgestaltung im Bezug zum Menstruationszyklus sind schwierig, da hohe individuelle Schwankungen vorliegen. Hinzu kommt die Schwierigkeit, die einzelnen Zyklusphasen eindeutig zu bestimmen.

„Due to the trivial effect size, the large between-study variation and the number of poor-quality studies included in this review, general guidelines on exercise performance across the menstrual cycle cannot be formed; rather, it is recommended that a personalised approach should be taken based on each individual’s response to exercise performance across the menstrual cycle.“ (McNulty et al., 2020)

Es ist dennoch wichtig die akuten Trainingsreaktionen sowie chronischen Adaptationen während des Menstruationszyklus besser zu verstehen, um den Trainingsprozess effektiver zu gestalten und die Gesundheit nicht zu gefährden. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Faktor, der ca. 50% der Sportlerinnen betrifft, ist der Einfluss von hormonellen Kontrazeptiva, die den Hormonhaushalt deutlich verändern.

 

 

 

Quellen:

Abe, T., DeHoyos, D. V., Pollock, M. L., & Garzarella, L. (2000). Time course for strength and muscle thickness changes following upper and lower body resistance training in men and women. Eur J Appl Physiol, 81(3), 174-180. doi: 10.1007/s004210050027 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10638374

Bunt, J. C. (1990). Metabolic actions of estradiol: significance for acute and chronic exercise responses. Med Sci Sports Exerc, 22(3), 286-290. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2199750

Campbell, S. E., Angus, D. J., & Febbraio, M. A. (2001). Glucose kinetics and exercise performance during phases of the menstrual cycle: effect of glucose ingestion. Am J Physiol Endocrinol Metab, 281(4), E817-825. doi: 10.1152/ajpendo.2001.281.4.E817 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11551860

Folland, J. P., & Williams, A. G. (2007). The adaptations to strength training : morphological and neurological contributions to increased strength. Sports Med, 37(2), 145-168. doi: 3724 [pii] 10.2165/00007256-200737020-00004 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17241104

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Hicks, A. L., Kent-Braun, J., & Ditor, D. S. (2001). Sex differences in human skeletal muscle fatigue. Exerc Sport Sci Rev, 29(3), 109-112. doi: 10.1097/00003677-200107000-00004 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11474957

Ivey, F. M., Tracy, B. L., Lemmer, J. T., NessAiver, M., Metter, E. J., Fozard, J. L., & Hurley, B. F. (2000). Effects of strength training and detraining on muscle quality: age and gender comparisons. J Gerontol A Biol Sci Med Sci, 55(3), B152-157; discussion B158-159. doi: 10.1093/gerona/55.3.b152 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10795719

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Sperlich, B., Calbet, J. A., Boushel, R., & Holmberg, H. C. (2016). Is the use of hyperoxia in sports effective, safe and ethical? [Editorial]. Scand J Med Sci Sports, 26(11), 1268-1272. doi: 10.1111/sms.12746 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27539548

Sung, E., Han, A., Hinrichs, T., Vorgerd, M., Manchado, C., & Platen, P. (2014). Effects of follicular versus luteal phase-based strength training in young women. Springerplus, 3, 668. doi: 10.1186/2193-1801-3-6681363 [pii] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25485203

Wikstrom-Frisen, L., Boraxbekk, C. J., & Henriksson-Larsen, K. (2017). Effects on power, strength and lean body mass of menstrual/oral contraceptive cycle based resistance training. J Sports Med Phys Fitness, 57(1-2), 43-52. doi: 10.23736/S0022-4707.16.05848-5 R40Y9999N00A150179 [pii] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26558833

Zinner, C., Aschendorf, P. F., & Klatt, S. (zur Begutachtung eingereicht). Befragung von Sportlerinnen zur subjektiven Einschätzung ihrer Menstruation.